Die hl. Elisabeth pflegt die Kranken

(Repro: Dieter Deubner)








Die Heilige Elisabeth und Hermann von Salza [13]


Ausgewählte Beiträge zum Leben Hermann von Salzas - Teil XXIII

"Einige Dienstleute des verstorbenen Fürsten, die für dessen Bruder Heinrich das Land verwesen sollten, vergaßen bald darauf die Gebote der Gottesfurcht, der Gerechtigkeit und der Besonnenheit. Sie vertieften Schmerz und Leid der Fürstin, drängten sie aus ihrer Burg, sowie aus allen ihren Gütern und Besitzungen. Da brach die edle Königstochter kummervoll und weinend auf. Mit ihrer Dienerschaft zog sie den hohen Berg hinab in die Stadt unterhalb der Burg. … Da niemand es wagte, sie zu beherbergen, nahm sie Zuflucht zu unserm Herren Jesus Christus. Mit ihren Jungfrauen ging sie in die Kirche und blieb lange Zeit darinsitzen." Das schreibt der uns schon bekannte Dietrich von Apolda in seiner "Vita der heiligen Elisabeth". Heute würde das so in der Zeitung stehen: "Die junge obdachlose zwanzigjährige Witwe, Mutter von drei Kindern, Landgräfin und Königstochter muss mit ihrer Familie in einer Kirche Asyl suchen." Ob sich diese Situation im Winter 1228 wirklich so zugetragen hat, wird heute niemand mehr genau ergründen können. Dass es für die Witwe Elisabeth genügend Gründe gab, ihre Burg zu verlassen, ist verständlich. Ihre von ihrem verstorbenen Gatten befürwortete religiöse Einstellung stieß ja schon seit langem auf die Ablehnung der Hofgesellschaft des Landgrafenhofes. Doch jetzt war ihr Beschützer nicht mehr da und Elisabeth wollte fortan ihr Leben so leben, wie sie es sich vorgestellt hatte. Und das konnten viele ihrer Zeitgenossen, auch Dietrich von Apolda, nicht verstehen. Dieses Bild passte aber gut zur beabsichtigten Heiligsprechung. Deshalb stimme ich Rainer Atzbach in dem Buch aus dem Michael Imhof Verlag "Elisabeth von Thüringen" zu, der diesbezüglich schreibt: "Gewiss musste Elisabeth in Eisenach nun unter deutlich schlechteren Rahmenbedingungen leben als am fürstlichen Hofe, dennoch blieb sie Angehörige des Hochadels. Eine derart ruppige Behandlung hätte sicher eine handfeste Intervention ihrer mächtigen Verwandtschaft provoziert, der sich Heinrich Raspe wohl kaum aussetzen wollte."

Die Bemühungen der Familie der Elisabeth werden auch in vielfältiger Art in der überwältigenden Elisabeth-Literatur beschrieben. Mechthild von Kitzingen, Äbtissin, die jüngste Schwester ihrer ermordeten Mutter, war wohl die Erste, die nach dem Tod Ludwigs versuchte, der Elisabeth zu helfen. Da sie aber, obwohl sie einem Kloster vorstand, mit Elisabeths Vorstellungen von ihrem zukünftigen Leben sicher nicht so recht einverstanden war, gab sie die Verantwortung an ihren älteren Bruder Ekbert weiter. Dieser war seit 1203 Bischof von Bamberg. Er gehörte zu den Verbündeten der Landgrafenfamilie. Ekbert von Andechs-Meran hatte in dieser Zeit ein sehr wechselvolles und gefährliches Leben geführt. Er war unmittelbar, aber unschuldig an der Ermordung des Königs Philipp von Schwaben beteiligt. Ekbert gehörte zusammen mit Landgraf Hermann I. von Thüringen zu den Verschwörern gegen Kaiser Otto IV. und somit zu den Wegbereitern Friedrichs II. als deutschen Kaiser. Er hatte mit seinem Schwager, König Andreas von Ungarn, dem Vater der Elisabeth, am Kreuzzug von 1217/18 teilgenommen. Dort muss er Hermann von Salza näher kennen und schätzen gelernt haben. Ekbert hat wohl dem Deutschordensmeister das erste Denkmal gesetzt. Nils von Holst benennt in seinem Buch "Der Deutsche Ritterorden und seine Bauten" den Ordensritter auf der Gnadenpforte des von Bischof Ekbert erbauten Bamberger Doms als Hermann von Salza. Es gäbe sicher noch mehr zu diesem bemerkenswerten Kirchenfürsten zu sagen, doch zurück zu Elisabeth. Deren Aufenthalt bei ihrem Onkel in Bamberg war im Frühjahr 1228, ganz sicher nach Ostern.

Sie blieb dort bis in den Mai. In diesem Monat wurden die Gebeine Ludwigs von seinen Begleitern nach Deutschland gebracht und Elisabeth hat den Trauerzug dann nach Reinhardsbrunn begleitet. Damit kann das von einigen Biografen Elisabeths vorgebrachte Ansinnen, ihr Onkel hätte von einer möglichen Verheiratung mit dem verwitweten Kaiser Friedrich gesprochen, nicht stimmen. Steven Runciman schreibt in "Geschichte der Kreuzzüge": "Am 25. April 1228 schenkte sie [Kaiserin Jolande] einem Sohn das Leben, der den Namen Konrad erhielt, und nachdem sie solcherart ihre Pflicht getan, starb sie sechs Tage darauf. Sie war noch nicht einmal siebzehn Jahre alt." Die Kaiserin war in Andria in Süditalien verstorben. Diese Nachricht konnte damals ganz bestimmt nicht in Stunden nach Deutschland gelangen. Deshalb konnte auch Bischof Ekbert von Bamberg zu diesem Zeitpunkt den oben erwähnten Vorschlag nicht gemacht haben. Sicher hätte er es gern gesehen, wenn sich Elisabeth wieder verheiratet hätte. Sie hatte jedoch bereits durch ihr an dem Karfreitag abgegebenes Gelübde diese Möglichkeit selbst ausgeschlossen.

Im Sommer 1228 verließ Elisabeth Eisenach und reiste nach Marburg. Dort durfte sie auf landgräflichem Besitz, der ihr von Heinrich und Konrad zur Verfügung gestellt worden war, ein Hospital errichten. Es wurde dem 1226 verstorbenen Franz von Assisi geweiht. Im Band 3 [2007] der "Beiträge zur Thüringischen Kirchengeschichte" Neue Folge fand ich in einem Beitrag von Thomas A. Seidel eine dazu passende Passage: "Die sieben Werke der Barmherzigkeit und die franziskanische Frömmigkeit bildeten weiterhin den Mittelpunkt ihres [Elisabeth von Thüringen] Lebens. Das von ihr 1228 gegründete Marburger Hospital erhielt das erste Franziskanerpatrozinium nördlich der Alpen. Immer radikaler suchte sie die unbedingte Nachfolge Christi in ihrer Sorge für die Armen und Kranken durch Übernahme der niedrigsten Arbeiten und durch persönliche Askese zu verwirklichen. Trotz aller äußeren und inneren Demut verleugnete sie nie ihre adlige Herkunft. Sie unterhielt einen kleinen persönlichen Hofstaat, stand auch weiterhin in Kontakt mit ihren Thüringer Verwandten und pflegte rege Korrespondenz mit Papst Gregor IX. - auch zum Vorteil ihrer caritativen Arbeit und ihres Hospitals."

Dazu passend finden sich in den Regesten Imperii zwei Eintragungen. In Nr. 6757 vom 21. Februar 1229 wird von einem Auftrag des Papstes Gregor IX. berichtet, dass er auf Bitten der verwitweten Landgräfin Elisabeth von Thüringen den Erzbischof von Mainz beauftragt, "den brüdern des hospitals zu Gotha den bau einer Capelle und einen eigenen Caplan zu gestatten." Am 19. April des gleichen Jahres (Nr. 6760) gibt Gregor "auf vorstellung der (nachher heiligen) Elisabeth, witwe des landgrafen Ludwig von Thüringen, dem von ihr zu ehren des heiligen Franciscus zu Marburg errichteten hospital einen ablass für reumüthige besucher."

Im nächsten Teil soll über die letzten Jahre der Elisabeth von Thüringen berichtet werden.

Zu dem Bild ein kurzer Hinweis. Es ist ein Ausschnitt aus dem linken Altarflügel des Elisabethaltars, Köln 1380/90, Tempera auf Tannenholz, Köln, Wallraf-Richartz-Museum. Repro aus dem Buch: "Elisabeth von Thüringen" des Michael Imhof Verlages.

Dieter Deubner

Bad Langensalza 1. April 2008


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